Kochbuch: Ein Straßenfahrzeug vorbereiten
Nachdem das Blender-Modell einen guten Stand erreicht hat, wollt Ihr das Straßen-Fahrzeug erstmalig in LOTUS importieren. Wie das geht, erfahrt Ihr hier. Zunächst sei nochmal betont, dass vor dem Import die Höhe von Wagenkasten und Achsen korrekt gewählt werden müssen! Hierzu folgt man diesem Gedankenexperiment: Man hebe den Bus (nicht an den Rädern sondern z.B. auf einer Hebebühne) so lange an, bis die Räder gerade so "ausgefedert" sind, aber den Boden gerade noch berühren. In dieser Position müssen sich sowohl Wagenkasten als auch Räder in Blender vorm Export befinden, wobei Z = 0 der Höhe des Bodens entspricht.
Startet nun das ContentTool. Wenn Ihr es noch nicht installiert habt, erfahrt Ihr hier, wie das geht.
Wählt im Hauptmenü des ContentTools "Objekte und Fahrzeuge", dann "Neues Objekt erstellen/importieren":
Dann Straßenfahrzeug:
Im nun leeren ContentTool wird durch Betätigung des Mesh-Import-Buttons die in Blender erzeugte X3D-Datei importiert:
Anschließend werden zwei Fragen gestellt:
Die Beantwortung der ersten Frage hängt davon ab, ob Ihr Euch in Blender bereits um die Ecken und Rundungen gekümmert habt. Weiter Informationen dazu findet Ihr hier. Für Tests wird die Frage normalerweise mit "Ja" beantwortet.
Die zweite Frage wird bei Fahrzeugen meist mit "Nein" beantwortet, da das Fahrzeug genau so importiert werden soll, wie es in Blender vorliegt.
Nun ist Euer Modell im ContentTool zu sehen. Als Erstes soll das Fahrzeug fahren können und dafür muss LOTUS zwingend wissen, wo sich die Achsen befinden und wie sie sich verhalten. Auf der linken Seite, unter dem Reiter "Straßenfahrzeug", werden für ein Standard-Testfahrzeug zunächst zwei Achsen hinzugefügt:
Mit Doppelklick werden die zugehörigen Einstellungen geöffnet:
Die Y-Position kann direkt in Blender ausgelesen werden, wenn die Räder entsprechend gebaut wurden (Objektmittelpunkt auf der Achse). Der Durchmesser meint den Durchmesser des Rades inklusive Reifen. Mit der Breite ist die Breite der gesamten Achse gemeint, d.h. gemessen von der linken Reifenaußenkante bis zur rechten Reifenaußenkante. Die Angaben für Federhärte und Dämpfung können zunächst übernommen werden, ebenso der Wert für die Rotationsträgheit. Der Index des Nachläufers gibt an, an welchem Teil des Busses (sofern es ein Gelenkbus ist) die Achse befestigt ist. Bei einem Solo-Wagen wird stets eine 0 eingetragen, beim Nachläufer eine 1 und bei einem Doppelgelenkbus dann für den letzten Teil eine 2.
Nun müssen die Animationen angelegt werden. Die Hierarchie soll am Ende (für einen zweiachsigen Solowagen) folgendermaßen aussehen; die Namen sind natürlich nur Empfehlungen:
Erstellt werden die Animationen, in dem die zunächst übergeordnete Hierarchieebene ausgewählt wird und dann unter der Hierarchiedarstellung auf "Hinzufügen" geklickt wird. Je nach Hierarchieanimation wird der folgende Typ ausgewählt:
HR_spring, HL_spring, VR_spring und VL_spring, die jeweiligen Animationen der Federung, sind vom Typ "Verschiebung entlang einer Achse" VL_steering und VR_steering, die jeweiligen Animationen der Lenkung, sind vom Typ "Drehung um eine Achse" HR rot, HL rot, VR rot und VL rot, die jeweiligen Animationen der Rad-Drehung, sind ebenfalls vom Typ "Drehung um eine Achse" Als nächstes sollten zunächst die Meshs den Animationen zugeordnet werden. Dies hat den Vorteil, dass das ContentTool dann bereits anbietet, den Blender-Objektmittelpunkt zu übernehmen, was in der folgenden Animationskonfiguration ein wenig Arbeit abnimmt. Es müssen aber lediglich die Räder der jeweiligen hierarchisch niedrigsten Ebene zugeordnet werden, also den jeweiligen Rad-Drehungs-Animationen.
Hierzu wird die jeweilige Rad-Drehungs-Animation angeklickt und die Taste "Meshs hinzufügen/entfernen" aktiviert. Das zu diesem Rad zugehörige Mesh wird dann im ContentTool markiert (angeklickt) und anschließend die Aktion durch erneutes Klicken der Taste "Meshs hinzufügen/entfernen" beendet. Dieser Schritt wird anschließend für die restlichen drei Räder wiederholt.
Per Doppelklick können anschließend jeweils die Eigenschaften sämtlicher Animationen bearbeitet werden. Die Eigenschaften der Federungen sind folgendermaßen zu wählen:
Die Eigenschaften der Lenkanimation sehen wie folgt aus – hier ist allerdings der Drehpunkt auf den des importierten Busses anzupassen:
Und so sehen die Rad-Drehungs-Animationen aus – auch hier muss der Drehpunkt angepasst werden:
In den Eigenschaften der "Main"-Animation befinden sich Koordinaten des Schwerpunktes und die Leermasse des Busses in kg.
Am Ende kann es nicht schaden, nochmal die Baumstruktur zu prüfen!
Bevor mit dem Import und der Konfiguration fortgefahren wird, sollte nun erstmal im Simulator getestet werden, ob sich das Fahrzeug insbesondere hinsichtlich der Federung wie gewünscht verhält. Diese wird sowohl davon beeinflusst, wie schwer das Fahrzeug ist und wo der Schwerpunkt liegt, ebenso aber von den Feder-Eigenschaften der Achsen, wobei harte Federn dafür sorgen, dass der Bus zwar weniger in die Federn einsinken, die Frequenz aber steigt. Insbesondere falls es dann zum Aufschaukeln bei schlechter Performance kommt, sollte hier ein niedrigerer Wert gewählt werden. Die Dämpfung hingegen bewirkt, dass der Bus nicht so lange "nachschaukelt".
Zu guter Letzt sei noch auf die Objekteinstellungen hingewiesen, an deren unterem Ende noch folgende Parameter auftauchen:
y-Koordinate der nicht-gelenkten Achse: Hierüber entscheidet sich, um welchen Punkt sich das Fahrzeug dreht, wenn es um die Kurve fährt. Es handelt sich tatsächlich einfach um die Koordinate der bei einem Solo-Zweiachser hintere Achse. Bei Dreiachsern lenkt für gewöhnlich die dritte Achse passiv mit, die y-Koordinate liegt also bei der zweiten Achse. Auch bei Gelenkbussen ist es die zweite Achse, also die hintere des Vorderwagens, die hier ausgemessen werden muss. Kehrwert des engsten Kurvenradius: Hierfür einfach den engsten Kurvenradius (gemessen vom Mittelpunkt der ungelenkten Achse) in den Kehrwert nehmen (also 1 durch R)
Fertig!
Alles, was hier konfiguriert wurde, sollte nun vor Abschluss nochmal kontrolliert werden, denn Fehlkonfigurationen haben entscheidende Auswirkungen auf die ersten Testversuche.